Dresden durch ihre Augen: Gästeführer stellen sich vor
Diese beiden Gästeführer kennen die Stadt wie ihre Westentasche und bewegen sich bei ihren Rundgängen auch gern mal abseits der Touristenpfade. Begegnungen mit Gräfin Cosel und Casanova sind nicht ausgeschlossen. Wir stellen vor: Claudia Friedemann und Günter Thomas.
Interview 1
„Ein Nachtwächter darf auch mal maulen“
Gästeführer Günter Thomas zeigt das „andere“ Dresden
Günter Thomas wurde 1955 in Dresden geboren, ist studierter Maler, Grafiker und Restaurateur und hat seinen Lebensmittelpunkt nie verändert. Er ist „mit der Stadt großgeworden“. Nach beruflichen Abzweigungen in den ÖPNV und die Versicherungsbranche, tourt er seit 2009 als Nachtwächter, Casanova und Wackerbarth durch die Stadt. Seine Führungen veröffentlicht er demnächst als Buch. Vorbestellung und weitere Infos zu seinen Rundgängen finden Sie unter www.stadtrundgaenge-touren-dresden.de
Herr Thomas, Sie fallen unter den Gästeführern in Dresden definitiv auf. Können Sie uns das Gewand erklären?
Herr Thomas: Ich trage das Gewand eines Nachtwächters im 18. Jahrhundert. Der Berufszweig entstand mit den ersten Städten im Mittelalter. Deren Aufgabe war es, für Ruhe und Ordnung sorgen und die schlafenden Bürger vor Gefahren zu warnen.
Ein Hinweis darauf, wann Ihre Gästeführungen angeboten werden…
Herr Thomas: Meine Nachtwächtertouren finden abends statt. Von Dienstag bis Sonntag ab 19.00 Uhr führe ich durch die Altstadt mit den berühmten Sehenswürdigkeiten und ab 21.00 Uhr durch das Barockviertel. Was viele nicht wissen: Gerade das Barockviertel auf der Neustadtseite als das wahre „Altendresden“ ist richtig charmant, denn hinter den Plattenbauten verbergen sich sehenswerte Kunst- und Handwerker Passagen. Den krönenden Abschluss der Tour finden wir vorbei am Japanischen Palais an der Elbe, von wo aus der einzigartige Blick auf die Silhouette von Dresden zu genießen ist.
Eine sicherlich schöne Alternative zu den gewohnten Stadtführungen am Tag, oder?
Herr Thomas: Auf jeden Fall! Dresden am Abend hat einfach seinen ganz eigenen Reiz, die Gebäude werden in ein anderes Licht getaucht. Jene, die allerdings abends lieber im kuscheligen Hotelbett liegen und Dresden tagsüber erleben wollen, können mich auch als Womanizer Casanova und Minister Wackerbarth erleben (grinst).
Klingt alles andere als nach 0815.
Herr Thomas: Mir selbst ist viel daran gelegen, keine Zahlen, Daten und Fakten „runterzurattern“. Ich erzähle Geschichten, nicht in Frontalbeschallung, sondern im Gespräch mit den Gästen. Bei mir erfährt man viele Dinge, die nicht bei Wikipedia stehen. Mein Wissen stützt sich auf Biografien, teilweise in altdeutscher Schrift. Dieses Wissen und meine jeweilige Rolle gehen allerdings nur Hand in Hand mit einer großen Portion Humor. Dabei nehme ich auch mal die eine oder andere Tatsache aufs Korn und rege mich über bestimmte Entwicklungen in der Stadt auf. Das ist das Recht, das ich mir als Nachtwächter rausnehme: einfach auch mal zu maulen.
Interview 2
Gästeführerin Claudia Friedemann kennt man unter anderem als Gräfin Cosel. Ihre Agentur „KulTOUR KONZEPT” ist spezialisiert auf individuelle Kulturreisen auf höchstem Niveau. © Jonas Tech
„Die hatte ganz schön Arsch unterm Rock“
Bei Claudia Friedemann können Gäste Bekanntschaft mit Gräfin Cosel machen
Claudia Friedemann wurde in der Nähe von Berlin geboren, kam 1990 für ihr Geschichts-Studium nach Dresden, Aufenthalte in Paris während des Studiums und später 3 Jahre USA führten Sie immer wieder zurück. Sie sieht sich als passionierte Botschafterin für Dresden und lebt dies seit 2003 mit ihrem Unternehmen „KulTOUR KONZEPT“ erfolgreich aus. Weitere Infos finden Sie unter: www.claudia-friedemann.de
Frau Friedemann, man kann Sie seit 10 Jahren unter anderem für einen Auftritt als Gräfin Cosel buchen. Haben sie persönlich ein Faible für diese Frau?
Frau Friedemann: Sie war eine besondere Frau und ihrer Zeit voraus. In ihrem Anspruch, ihrem Denken und in ihrer Willensstärke. Sie war sehr intelligent, sprach mehrere Sprachen und war politisch interessiert. Alle kennen sie nur in ihrer Rolle als Mätresse von August dem Starken. Sie forderte allerdings mehr, ein schriftliches Heiratsversprechen rang sie seiner Majestät ab und wurde sogar in den Reichsgrafenstand erhoben. Da muss man Arsch unterm Rock haben, von nur „hübschem Beiwerk“ ist in ihrem Fall nicht die Rede. Genau das kommt bei meinen Auftritten ziemlich gut zu Geltung. Allerdings trete ich als Gräfin Cosel im Rahmen von Hochzeiten, Geburtstagen, Firmenveranstaltungen oder bei Stadttouren, zum Beispiel zur Begrüßung, als Entertainment-Einlage oder bei einem Kaffeetrinken, auf.
Womit wir bei ihrem anderen Steckenpferd wären…
Frau Friedemann: Darüber hinaus biete ich Kulturreisen auf höchstem Niveau an, auf Wunsch auch über mehrere Tage. Tickets, Transfer, Museen sowie Restaurant sind eingeschlossen. Ich sehe mich dann schon eher in einer Rolle als Reiseveranstalter und zeige mehr von Dresden, je nach Interesse. Aber auch einzelne Stadttouren mit einer Mindestdauer von zwei Stunden gehören zu meinem Repertoire. Von kleinen Gruppen von Individualtouristen bis hin zu großen Gruppen als Rahmenprogramm von Firmenevents, Kongressen und Tagungen war in den vergangenen zwanzig Jahren alles dabei. Da grenze ich mich auch nicht ein.
Was zeichnet Sie persönlich aus?
Frau Friedemann: Sie finden auf meiner Website keine festen Programme und Touren. Ich stricke diese ganz individuell je nach Anfrage und lege Wert darauf, alle Gäste auf Augenhöhe mit bestem Wissen und Service zu bedienen. So versuche ich, nicht mehr als eine Führung selbst pro Tag anzubieten. Bei mehreren Gruppen hintereinander hätte ich sonst das Gefühl, wie eine Schallplatte zu klingen. Die Gäste können über mein umfassendes Netzwerk zu den lokalen Leistungsträgern verfügen.
Was können Sie nicht?
Frau Friedemann: Ich kenne die Stadt sehr gut und habe ein umfassendes Wissen, kann viel empfehlen. Aber wenn Sie mich so fragen. Wo man abends gut feiern gehen kann hingegen, müsste ich meine Söhne fragen (schmunzelt).